Pflanzen zu Heilzwecken nutzen, das ist wohl die älteste Form der Naturheilkunde. Und sie gilt bis heute als selbstverständlich: Fast jeder hat bei Erkältung einen Kamillentee im Haus oder verwendet bei wunder Haut eine Ringelblumensalbe (Das Bild rechts zeigt die leuchtenden Blüten der Ringelblumen).
"Der Mensch ist, was er isst" - sagte Paracelsus, ein berühmter deutscher Arzt, der im 15. und 16. Jahrhundert lebte. Das hat er sicher auf alles bezogen, was der Mensch zu sich nahm. Aber eben auch und besonders auf Heilpflanzen, deren großer Vorteil darin lag, dass sie in der Regel verfügbar waren.
So wurde zum Beispiel der Weißdorn-Strauch (lateinisch Crataegus monogyna), aus dessen Blüten und Beeren ein Herzschutzmittel gewonnen wird, von den Bauern einfach an den Feldrand gepflanzt. Die Mariendistel (lateinisch Silybum marianum), deren zerstoßene Samen ein bekanntes Lebermittel liefern, wuchs überall in den Klöstergärten.
Die echte Goldrute (lateinisch Solidago virgaurea), auch "Königin der Nieren" genannt, blüht hellgelb und ist im Spätsommer an Wegesrändern kaum zu übersehen.
Das Sammeln von Heilpflanzen ist aus vielen Gründen schwierig geworden.
Was sich aber auch heutzutage gut umsetzen lässt, ist beim Spaziergang die Augen offen zu halten. Denn Heilpflanzen sind alte Weggefährten. Wir finden nicht nur sie - sie finden uns. Es heißt, auf Schritt und Tritt begegne man genau denjenigen Exemplaren, deren Wirkung einem besonders gut bekäme.
Die aus dem Rinnstein hervorsprießende Zitronenmelisse im Bild links bemerkte ich, als ich es mal wieder besonders eilig hatte. Kleiner Fingerzeig von unten, denn Melisse wirkt herrlich beruhigend und kann den Stresslevel deutlich senken. Ich habe das Straßenexemplar verschont, für ein entspannendes Bad aber gleich meine Balkon-Bestände hergenommen.
Kräuter einfach kaufen - das geht natürlich auch. Und wo Sie schon einmal im Kräuterhaus sind, verlangen Sie doch nach Bitterstoffen! (beispielsweise als "Heidelberger Pulver", das u.a. den Wermut, lateinisch Artemisia absinthium enthält) Bitterstoffe sind ausgezeichnete natürliche Verdauungshilfen.
Eine Prise Bitterstoffe, vor jeder Mahlzeit eingenommen, weckt den Darm mit einem kleinen Trick. Der Darm hält bitter für giftig, möchte es rasch wieder loswerden und schüttet deshalb reichlich Verdauungssäfte aus. Kaum merklich, aber wirkungsvoll steigert er außerdem die Peristaltik.
Fast jedes Gemüse konnte die Verdauung früher so in Schwung bringen. Bis den meisten Sorten die Bitterstoffe aus Geschmacksgründen weggezüchtet wurden.
Wie Phytotherapeutika, also pflanzliche Arzneimittel, genau ihre Wirkung entfalten, lässt sich leider nur selten so leicht nachvollziehen wie am Beispiel der Bitterstoffe.